Die Welt vom 28.06.2000

Kein Problem für Hamburgs Bühnen

"Corpus Christi" am kommenden Mittwoch auf Kampnagel

Karlsruhe wollte das Stück nicht, das Ulmer Theater ließ das Gastspiel absagen, und in Pforzheim verbot der dortige Oberbürgermeister das Werk aus Sicherheitsgründen: Wegen Bombendrohungen müssten an Schauspielern und Besuchern Leibesvisitationen vorgenommen werden. In Hamburg wird das umstrittene - aber auch umjubelte - Werk "Corpus Christi" von Terrence McNally am kommenden Mittwoch auf Kampnagel zu sehen sein. Das Gastspiel des Heilbronner Theaters ist auf Einladung des Thalia Theaters, Kampnagels und der Hamburger Kammerspielen zu Stande gekommen.

Bei der deutschen Erstaufführung in Heilbronn im September vergangenen Jahres war es zu Demonstrationen und sogar zu Morddrohungen von extremen religiösen Gruppierungen gekommen. Aber auch schockierte Besucher sowie kirchliche Institutionen wandten sich gegen die "gotteslästerliche" Darstellung des "schwulen Jesus" sowie die Interpretation des Abendmahls als "wildes Besäufnis". Mit der Einladung zum Gastspiel wollen die drei Hamburger Bühnen Solidarität zeigen. "In Hamburg brauchen wir keinen Mut dazu. Wir leben hier in einer liberalen Stadt", sagte Ludwig von Otting, Geschäftsführer des Thalia Theaters.

Nach der Aufführung will sich das Ensemble des Heilbronner Theaters mit seinem Regisseur Harald Siebler und Intendant Klaus Wagner einer Diskussion mit dem Publikum stellen und beschreiben, was im Umfeld der Aufführung geschehen ist. "Das Stück ist weder gotteslästerlich noch eine Geschichte, die die Christusfigur oder die Mutter Maria in irgendeiner Weise beleidigt. Die harmlose, ja fromme Wirkung des Stückes ist mit Händen zu greifen", so Klaus Wagner.DW